Anteilnehmen am Leiden des Nächsten:
Mitleid haben heisst, miteinander leiden, das Leiden der anderen teilen, daran anteilnehmen. Dafür braucht es eine Bereitschaft, die von der Demut kommt. Die Demut allein genügt aber nicht. Die Demut braucht auch den Glauben. Durch den Glauben sehe ich im Licht Gottes, dass der andere leidet, denn die Leiden sind oft verborgen. Gott schenkt das Licht und die Gnade eines Wortes des Trostes, er schenkt die Gnade, das Leiden mit dem Nächsten zu teilen.
Wir sollen alle unsere Kräfte einsetzen. Aber wer demütig ist, merkt sofort, dass er allein schwach und ungenügend ist, vor dieser Pflicht, den Nächsten zu trösten und zu stärken. Deshalb ist es nötig, im Gebet Gott zu bitten, dass er die richtigen Worte schenkt und dass er die Freude und den Trost schenken kann, um die Leiden zu lindern.  
Es kann schnell passieren, dass man gleichgültig ist, vor allem wenn die Leiden des Nächsten verborgen oder etwas sonderbar sind. Dieses Verhalten kommt von unserem Stolz. Uns scheint es komisch, aber für die anderen ist es wirklich ein Leiden. Die Leiden sind vielfältig, sie können in der Vernunft, im Herzen, in der Psyche sein.
Meine Aufgabe ist es, zu beten, zu helfen und so gut es mir möglich ist, das Leiden zu teilen, ohne ins Problem einzutreten, ohne zu fragen «Warum» und «Wie»; auch nicht richten, kritisieren oder auslachen. Mein Wort und meine Nähe mögen dem, der leidet, Linderung schenken.
Es kann sein, dass der Leidende glücklich ist, mein Mitleid annimmt oder auch nicht. Ich darf aber nie auf das Böse mit dem Bösen antworten, sondern schweigen, beten und diese Ablehnung meines Mitleidens annehmen. Beten wir und gehen wir auch vor das Allerheiligsten, damit Jesus, Maria und Pater Pio dem Leidenden Linderung schenken.
Achten wir darauf, dass das Mitleid nicht mit einer distanzierten Haltung geschenkt wird, so dass man vielleicht eine Hilfe gibt, aber sich nicht wirklich für den Leidenden interessiert. Das wahre Mitleid ist beständig. Wenn das Leiden beständig ist, muss auch das Mitleid beständig sein, auch mein Dienst. Auch Gottes Mitleid ist beständig. Er wird nicht müde, seine barmherzige Liebe zu schenken.

Don Pierino Galeone

Hl. Johannes Paul II: Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (…) zeigt in der Tat, wie die Beziehung eines jeden von uns zu seinem leidenden Nächsten sein sollte. Es ist uns nicht erlaubt, gleichgültig »weiterzugehen«, sondern wir müssen bei ihm »stehenbleiben«. Ein barmherziger Samariter ist jeder Mensch, der vor dem Leiden eines Mitmenschen, was auch immer es sein mag, innehält. Dieses Innehalten bedeutet nicht Neugier, sondern Bereitschaft. Es öffnet sich gleichsam eine gewisse innere Bereitschaft des Herzens, die auch ihren emotionalen Ausdruck hat. Ein guter Samariter ist jeder Mensch, der für das Leiden des anderen empfänglich ist, der Mensch, der beim Unglück des Nächsten »Mitleid empfindet«. (…) Manchmal bleibt dieses Mitleid der einzige oder der wichtigste Ausdruck unserer Liebe zu einem leidenden Menschen und der Solidarität mit ihm. (Apostolisches Schreiben Salvifici doloris, 28)