Wissenschaft der Heiligen – die Klugheit:

Der Egoismus ist die wahre Gefahr für unser geistliches Leben. Wenn wir stolz sind, können wir nie nach dem Evangelium leben. Unsere Geistlichkeit geht ganz in die Leere. Jeden Tag sollen wir gegen den Hochmut ankämpfen. Diese geistliche Tätigkeit besteht nicht aus einer Tat des Willens. Die Kenntnis einer geistlichen Methode ist daher erforderlich: Die Methode ist, immer klug zu sein. Die Hl. Schrift und die Kirchenväter sagen, dass die Klugheit die Wissenschaft der Heiligen ist: "[. . . ] scientia sanctorum prudentia" (Spr 9,10). Durch die Betrachtung, der Beispiele der Heiligen und die persönlichen Erfahrungen, können wir die Wissenschaft der Klugheit (prudentia) kennenlernen und gewiss auf dem Weg zu Gott gehen.
Durch die Klugheit im Allgemeinen hat der Mensch die Fähigkeit, alles, was er will, in seinem Sinne "gut" zu tun - alles, leider auch die Sünde. Die allgemeine Klugheit wirkt in allem. Auch die Bösen sind klug. Wenn sie sündigen wollen, sind sie klug, damit sie eine Strafe vermeiden können. Deshalb ist es nur hilfreich die Klugheit der Heiligen, die sie für ihre Treue zum Evangelium gebraucht haben, kennenzulernen. Durch das persönliche Beispiel, zeigen uns die Heiligen, wie wir die Grundsätze des Evangeliums interpretieren und praktizieren können.
Wenn ein Mensch die vollendete und weise Tugend der Klugheit erlangen will, soll er die eigene geistliche Identität vom eigenen Egoismus und von allen Begierden des Leibes und der Welt trennen. Die absolute Ablehnung der Liebe zu Gott, ist dem menschlichen Egoismus eigen. Ein egoistischer Christ hat keine Fähigkeit Gott zu lieben, er kann Gott nicht gehorchen. Gott ist heilig. Ein Mensch kann nur dann in der Liebe zu Gott arbeiten, wenn seine menschliche Liebe aus dem Gehorsam zum Willen Gottes entsteht. Der Egoismus kann nur in einem stolzen Herzen entstehen. Für einen hochmütigen Menschen ist es auch möglich ein „guter“ Mensch zu sein. Er kann sogar die schweren Sünden vermeiden und alle Übungen der christlichen Frömmigkeit tun. Aber er kann niemandem gehorchen, auch Gott nicht.
Ein hochmütiger Mensch muss in Bezug auf bestimmte Begierden leben, die nicht immer böse Begierden sind. Oft sind sie nur weltliche Dinge, die das geistliche Leben aber immer beschweren. Ein solcher Mensch kann im geistlichen Leben nicht vorangehen. Ihm ist es unmöglich die Tugend der Klugheit zu üben, damit er auf die Dinge des Himmels schauen kann (vgl. Kol 3,2). Jedes kompromisshafte Vermischen des geistlichen Lebens mit den Dingen des Hochmuts der Welt, auch wenn es sehr kleine Dinge sind, entfernt von der Geistlichkeit die Weisheit der Klugheit. Sehr oft geschieht es, dass sich bei uns weltliche Gedanken und Gefühle einschleichen und wir diese aber nicht schnell genug durch unsere Busse innerlich ablehnen, da wir sie gerne spüren. Solche Gedanken, Gefühle können in sich keine schweren Sünden sein. Sie schwächen jedoch die Kraft des Willens und führen zur Verwirrung in der Klugheit. Die Wirkung des Salzes des Evangeliums in der Welt ist das geistliche Leben der treuen Christen. Es soll nie seine Kraft verlieren (vgl. Mt 5,13). Die Klugheit als die Wissenschaft der Heiligen, lässt uns diesen Weg gehen.